Anmerkungen
zum Erlebnisbericht:
Alle Zeitangaben in diesem Bericht sind in der Zeit, die bei der
Beobachtung der
Sonnenfinsternis an dem Beobachtungsort galt. Es ist die türkische
(osteuropäische) Sommerzeit EEST = MESZ + 1 = Koordinierte
Weltzeit UTC + 3.
Für alle Fotos gilt: wir haben bei der Finsternis mehr Wert auf
die Beobachtung gelegt, als auf Fotos. Deshalb enthält diese Seite
nicht nur eigene Fotos, sondern auch welche von der Kuffner Sternwarte
Wien,
die in unserer Hotelanlage ihren Beobachtungsort hatte und 50 Meter
unter uns professionelle Fotos geschossen hat. Jedes Foto, das nicht
von uns ist, enthält einen Copyright-Hinweis mit Link auf die
Sternwarte.
Alle Temperaturangaben in diesem Bericht sind der mir von Ursula Wosch
zur Verfügung gestellten Temperaturaufzeichnung entnommen worden.
Vorbereitungen:
März bis August 2005: Auswahl des
Beobachtungsortes:
Side in der Südtürkei 55 km südöstlich von Antalya
scheint mit den folgenden Graden der richtige Ort zu sein:
31 23’25 östliche Länge
36:46’04 nördliche Breite
Cornelia bekommt die Aufgabe, eine Reise nach Side mit folgenden
Eckdaten zu buchen:
11.09.2005:
Cornelia bucht vom 17.03.2006 bis zum 07.04.2006 das Alba Resort
Hotel ***** in
Side-Colakli.
Der Urlaub:
Freitag, 17.03.2006:
Am frühen Morgen fliegen wir ab Düsseldorf und kommen zum
Mittagessen im Alba Resort Hotel an.
Nach dem Essen erkunden wir die große Hotelanlage und ich erkenne
mit Wohlgefallen die hervorragenden Voraussetzungen:
Es gibt direkt hinter den Vogelställen einen Punkt, von dem man
hervorragend in Richtung Südwest auf das Mittelmeer gucken kann.
Das ganze bei einer Hanglage, so dass es sicher ist, dass auch die
Kinder einen Blick auf den herannahenden Schatten haben werden, egal
wie viele Menschen vor uns stehen werden.
Hinter uns die Vögel (Pfauen, Tauben, Hühner, Hähne!),
deren Verhalten bei der Finsternis auch gut zu beobachten sein wird,
vor und neben uns kleine Palmen, an denen man bei der
Finsternis vielleicht den Sicheleffekt erleben wird. Hinter uns und dem
Hotel der Blick auf das Taurus-Gebirge mit Schnee auf den Gipfeln. Auch
diese Voraussetzung ist sehr gut, da man so in der komfortablen Lage
ist, in beide Richtungen viele Kilometer zu sehen. 45 km (bis zur
Erdkrümmung) auf das Mittelmeer und 50 km in die andere Richtung
zu den hohen Bergen.
Die Sonne steht bereits so hoch, wie bei uns Mitte/Ende April.
Ich lege mich fest: hier
werden wir die Sonnenfinsternis erleben! Die alternativ
angedachte
Tour in die Berge am Sofi-Tag ist durch die Voraussetzungen in der
Hotel-Anlage bereits jetzt vom Tisch. Zumal man über den Bergen am
Anreisetag Wolken erkennt, die sich dort auch über den gesamten
Nachmittag hielten.
18.03.2006 bis 27.03.2006:
Wir erfahren: vor unserer Ankunft gab es eine schlechte Wetterlage.
Langzeiturlauber, die schon über zehn mal in dieser Anlage waren,
berichteten vom schlechtesten Wetter, das sie hier je erlebt haben.
Sogar große Gewitter hätte es gegeben.
Wir erholen uns in der tollen Hotelanlage allerdings bei folgender
Wetterlage in diesen 10 Tagen:
Morgens hängt bis mindestens 9:00 Uhr, manchmal aber auch bis11:00
Uhr eine geringe Wolkendecke über uns, die dann aber die Sonne bis
zum späten Nachmittag frei gibt.
Einen Sonnenuntergang haben wir aber noch nicht erlebt, da die Sonne
vorher immer hinter den Wolken im Westen verschwindet.
Einmal Nachts hat es geregnet.
Abends gab es über den Bergen zweimal ein Gewitter.
Die Tages-Temperatur steigt in dieser Zeit von 18°C auf 23°C im
Schatten an. Nachts fällt das Thermometer bis auf 10°C .
Wäre in diesen Tagen die Sofi gewesen, hätte es jeden Tag zur
Totalitätszeit einen freien Blick auf die Sonne gegeben. Ich
hoffe, dass es nicht so kommt wie 1999, als sich ein wochenlanges Hoch
in Deutschland zwei Tage vor der Sofi verabschiedet hat.
Die Wahrscheinlichkeit, die Korona am 29.03.2006 zu sehen, beziffere
ich am Abend des 27.03.2006 mit 80% .
Dienstag, 28.03.2006:
Der Vorbereitungs-Tag!
Während die Kinder im Mini-Club verweilen, bespreche ich mit
Cornelia beim morgendlichen Strand-Spaziergang den nächsten Tag.
Wann beziehen wir unseren Platz? Gehen wir noch Mittag essen? Wer
bekommt welche Sonderaufgabe (Tiere/Pflanzen besonders beobachten)? Was
machen wir, wenn den Kindern doch langweilig wird? Wie und wann machen
wir die Fotos? Wer bekommt welche Sofi-Brille? Wo sind die bisher nicht
gebrauchten Jacken der Kinder?
Bis auf die Essens-Frage legen wir alles fest.
Gegen Mittag testen wir mit den Jungs die Sonnenfinsternisbrillen und
üben das richtige Verhalten während der Finsternis.
Ich erkläre noch einmal alles ganz genau, damit am nächsten
Tag während der Finsternis keine kostbare Zeit verloren geht. Die
größten Schwierigkeiten habe ich, den Kindern zu
erklären, dass sie während der Totalität ohne
Sofi-Brille zur verdunkelten Sonne gucken dürfen. Wir einigen uns,
dass ich sofort laut rufe, wenn der Moment gekommen ist.
Zur selben Zeit vereinbaren wir die Wetten. Einen Wunsch frei gibt es
für das Kind, welches zuerst durch die Sofi-Brille den die Sonne
anknabbernden Mond erkennt und mir die Stelle auf der Sonne nennt
(unten rechts). Den zweiten gibt es für das Kind, welches in der
Totalität zuerst die Venus am Himmel entdeckt.
Dann der Schock um 13:52 Uhr! Eine Wolke schiebt sich fast genau 24
Stunden vor
dem Eintreffen des Mondschattens vor die Sonne und verdeckt sie
länger als am nächsten Tag die Totalität dauern wird
(3:49 Minuten). Ich bekomme böse Vorahnungen und die Erinnerungen
an 1999 kommen wieder hoch. Nicht auszudenken, wenn es morgen genau so
läuft. Aber die Wolke bleibt die letzte bis zum späten
Nachmittag, was meine Laune wieder deutlich steigen lässt.
Nachmittags packe ich die Tasche mit der Ausrüstung.
Plötzlich
ruft Cornelia vom Balkon :"Guck mal, der erste vernünftige
Sonnenuntergang!". Da Cornelia eigentlich wenig für
Sonnenuntergänge über hat, freut es mich, dass sie mich
darauf aufmerksam macht. Meine Freude stockt allerdings und es geht wie
ein Blitz durch meinen Körper als mir die Regel von der Nordsee
einfällt: der nächste Tag wird schön, wenn der
Sonnenuntergang nicht so gut ist. Bei einem klaren Sonnenuntergang wird
es am nächsten Tag nicht so schön. Ich schreie "Nein!" und
laufe zum Balkon. Hoffentlich ist das kein böses Omen!
Als ich um 0:38 Uhr ins Bett gehe, ist es draußen sternklar.
Nachts träume ich, dass uns der Hotelmanager beim
Frühstück erklärt, dass die Sonnenfinsternis
ausfällt!
Mittwoch,
29.03.2006:
Der Tag der Sonnenfinsternis!
07:05 Uhr: Als ich aufwache, ist - anders als bisher Morgens - der
Himmel bereits blau.
Alle negativen Ahnungen sind verflogen. Was soll noch schief gehen,
wenn bereits jetzt der Morgendunst weg ist?
10:15 Uhr: Beim Frühstück legen wir uns fest, dass wir
komplett auf das Mittagessen verzichten werden und uns mit Snickers und
Brot über Wasser halten werden. Wer mich kennt, weiß, was
das für mich bedeutet! Das Wetter ist immer noch perfekt! Es sind
lediglich minimale durchsichtige Wölkchen am Himmel verteilt, die
den Genuss der Sonnenfinsternis auf keinen Fall trüben
könnten.
10:20 Uhr: Cornelia und ich machen noch einen Strandspaziergang. Als
wir an meinem ausgewählten Beobachtungsort vorbei kommen, sehen
wir, dass alle anderen bereits jetzt ihre Position bezogen haben.
Fotoapparate auf Stativen, Teleskope in Richtung Sonne und aufgeregte
Menschen prägen das Bild.
11:36 Uhr: jetzt trifft der Mondschatten in Ostbrasilien erstmals auf
die Erde. Dort geht in diesem Moment die total verfinsterte Sonne auf.
Nun muss der Schatten nur noch den Weg über den Atlantik, Afrika
und das Mittelmeer zurücklegen, bis er uns erreicht. Seine
Geschwindigkeit liegt anfangs bei über 32.000 km/h, sie wird in
der Maximalitätszone in Süd-Libyen um 13:11 Uhr bei 2509 km/h
liegen, bevor sie bis zu uns wieder auf über 3000 km/h
beschleunigt.
12:20 Uhr: Meine Nervosität steigt! Die Kinder kommen vom
Mini-Club und wir gehen zum Beobachtungspunkt.
12:30 Uhr: Die Temperatur liegt bei 22,8°C im Schatten. Das wird
sich bald ändern, auch, wenn Ralf und Ursula noch nicht glauben
wollen, dass es so kalt werden wird, dass man sich etwas Warmes
anziehen muss. Ich baue alles auf.
Mein 30-fach-Teleskop wirft ab sofort das Abbild der Sonne auf ein
weißes Blatt Papier. Diese Art der Beobachtung ermöglicht
es, ohne Sofi-Brille den Fortschritt des Mondschattens zu erkennen, was
alle begeistert.
12:38:23.9 Uhr: Der erste Kontakt! Für uns durch die Sofi-Brillen
noch unbemerkbar, rufen es die Franzosen schräg vor uns mit der
tausendfachen Vergrößerung heraus: "le contact". Absolute
Unruhe macht sich breit, da jeder der Profis den 1. Kontakt
fotografieren
möchte.
12:41 Uhr: Nun sehen auch wir den die Sonne anknabbernden Mond. Florian
gewinnt die Wette, indem er mir die richtige Stelle der Sonne nennt,
von der sich der Mond vor die Sonnenscheibe schiebt.
Bild: Kuffner Sternwarte Wien
12:45 Uhr: Wir machen es uns gemütlich und beobachten den
Fortschritt.
Jetzt kommen viele Fragen bei den Kindern auf. Warum sieht man den Rest
des Mondes
nicht? Warum läuft die Sonne immer wieder aus dem Teleskop
heraus? Wieso sind Sonne und Mond am Himmel gleich groß?
Wie lange dauert es noch, bis die Sonne finster ist? Wird es wirklich
kalt und dunkel?
Ursula, Ralf und Laura gehen zum Essen. Wir bleiben an unserem
Beobachtungspunkt und essen Brot, Obst und Süßigkeiten.
12:57 Uhr: Nun hat der Mond schon ca. 25% der Sonne bedeckt. Bild: Kuffner Sternwarte Wien
13:16 Uhr: Die Hälfte der Sonne ist verdeckt! Man kann zum ersten
mal bewusst feststellen, dass es bereits minimal dunkler und minimal
kälter geworden ist. Die Temperatur beträgt um diese Zeit
noch 20,7°C. Florian, der die Aufgabe hat, die Tiere zu beobachten,
stellt fest, dass der Hahn sich noch nichts anmerken lässt und die
Tauben auf ihrem Dach sitzen. Noch scheint für die Vögel also
alles normal zu sein.
13:35 Uhr: Der Mond macht Ernst. 75% der Sonnenscheibe sind verdeckt
und die Sonne bekommt einen echten Sichel-Charakter. Bild: Kuffner Sternwarte Wien
Alle, die noch
essen waren, kommen nun zurück und die Wiese füllt sich. Die
Temperatur ist langsam weiter gesunken und liegt nun bei 19,5°C. Es
macht sich langsam eine komische Stimmung breit. Die Kinder werden
unruhig, die Hühner gackern aufgeregt. Das Licht wirkt
merkwürdig.
13:40 Uhr: Jetzt wird es kalt. Die Temperatur fällt nun merklich
schneller. Innerhalb der letzten vier Minuten ist sie um ein ganzes
Grad auf 18,5°C gefallen. Das ist der Moment, indem wir uns
anziehen. Alle - bis auf Florian. Florian wird irgendwie von der
Stimmung gepackt und ist trotzig. Er möchte die Totalität in
kurzer Hose und Sandalen erleben. Da Cornelia und ich das schöne
Naturereignis nicht mit lästigen Erziehungsmaßnahmen
schmälern wollen, darf Florian so bleiben, wie er ist.
13:46 Uhr: Knapp 90% sind verdeckt. Bild: Kuffner Sternwarte Wien
Der Temperaturabfall ist rasant.
Nun sind wir schon bei 17,3°C . Der Himmel ist klar und es ist
definitiv keine Wolke in Sicht. Erst in diesem Moment steigt in mir ein
Glücksgefühl auf: diesmal wird es was mit der Korona!
Plötzlich wirkt sich die Stimmung negativ auf Valentin aus. Das
weniger werdende Licht bei gleichzeitigem Temperaturabfall macht ihm
Angst. Ab sofort möchte er bei Cornelia auf den Arm, wo er auch
bis zum Maximum bleiben wird. Jetzt kann man ahnen, welche Angst die
Menschen früher hatten, als sie von einer Sonnefinsternis vorher
nichts wussten.
13:50 Uhr: 5 Minuten vor der Totalität sind knapp 93,5% der Sonne
verdeckt. Die Sonne ist nur noch eine kleine Sichel. Kleiner als die
kleinste Mondscheibe, die man sonst einen Tag nach Neumond am
West-Himmel sehen kann. Das Mittelmeer scheint in einem
unmöglichen dunklen Licht. Die Temperatur ist in den letzten vier
Minuten um 0,8°C auf 16,5°C gesunken. Der Hahn hat die
Intervalle
zwischen seinen "Kikeriki"s deutlich vergrößert. Die Tauben
flattern aufgeregt und unkoordiniert herum. Ein Mensch startet in einem
von einem Boot gezogenen Fallschirm in den Himmel. Das Boot nimmt Fahrt
in Richtung Mondschatten auf.
13:52 Uhr: 16,0°C bei grauem Licht. Die Schatten, die die kleinen
Palmen werfen, kommen einem irreal vor. Die Zeit scheint mir schneller
als normal zu laufen, zu schnell, um den Lochblendeneffekt irgendwo zu
erkennen oder auf sich schlafen legende (Kelch schließende)
Blumen zu achten. Das einzige, was man wahrnimmt ist, dass die Tauben
zum typischen Nachtflug angesetzt haben. Sie fliegen über uns ihre
Kreise und verschwinden kurz danach im Taubenschlag. Der Hahn
kräht nun gar nicht mehr, man kann auch sonst kein Tier mehr
hören.
Bild: Kuffner Sternwarte Wien
13:54:00 Uhr: Die spannendste Minute beginnt. Die Sonne ist fast
vollständig bedeckt. Sie noch als Sichel zu bezeichnen, wäre
übertrieben, da man mit einer Sichel etwas Rundes verbindet.
Eigentlich ist nur noch ein abgehacktes Stück Sonne durch die
Brille zu erkennen. Nun überschlagen sich die Ereignisse.
13:54:11 Uhr: Der Horizont über dem Meer im Südwesten wird
schwarz. Wir haben nun den Moment erlebt, in dem der Mondschatten das
Mittelmeer an einem Punkt erreicht hat, den wir von uns aus sehen
können. Es sind noch 40 km bis zu uns. Der Mondschatten rast mit
knapp über 900 m/sec auf uns zu (3.250 km/h).
13:54:36 Uhr: Unser mittlerweile dunkles grau ist hell gegen die dunkle
Wand, die auf uns zurast. Ein irres Gefühl!
13:54:53 Uhr: Der Diamantringeffekt erscheint! Es ist ein
wahnsinnig schöner Augenblick.
Bild: Kuffner
Sternwarte Wien
13:54:56 Uhr: Der Schatten ist bis auf 2,5 km auf uns zugerast.
Der Diamantring ist zur Perlenschnur geworden. Der Mond lässt nur
noch durch seine tiefsten Täler das Sonnenlicht durch. Der
Horizont links und rechts des Herannahenden Schattens ist auch
schwarz geworden. Wahnsinn!
Bild: Kuffner
Sternwarte Wien
13:54:59 Uhr: Es ist die unheimlichste Sekunde in meinem Leben! Der
Schattenkegel mit seiner schwarzen Dunkelheit rast weiter auf uns zu.
Er wird uns in dieser Sekunde erreichen.
13:54:59.9 Uhr: Nun huscht der Schatten genau über uns und es ist
in einem Moment stockduster. Ich schreie
so schnell ich kann: "Jetzt ohne Brille hoch gucken!" Am Himmel strahlt
die
Korona in ihrer ganzen Herrlichkeit! Wahnsinn! Sprachlosigkeit!
Bild: Kuffner
Sternwarte Wien
13:55:10 Uhr: Ich nehme Cornelia in den Arm und halte auch Valentin und
Florian fest. Den Blick immer fest zur Korona.
13:55:25 Uhr: Erstmals wage ich es, den Blick von der Korona zu nehmen.
Da fällt mir der Wettbewerb ein und ich sage "Jungs, wer sieht den
ersten Stern oder Planeten?". In diesem Moment erblicke ich selbst die
Venus und bin
fasziniert. Florian erblickt sie auch kurz danach und sichert sich den
zweiten Preis.
13:55:40 Uhr: Nach erneutem Genuss der Korona blicke ich mich um. Es
ist wie ein Sonnenuntergang, bloß, dass sich der Sonnenuntergang
kreisförmig um uns herum abspielt. Der schwarze Kegel liegt
über uns und überall um uns herum liegt ein Dämmerlicht.
Bloß die Berge hinter uns sind noch hell.
13:55:55 Uhr: Noch! In diesem Moment verschwinden die Berge im Dunkel
des
Mondschattens!
13:56:53.6 Uhr: Nun ist das Maximum bei uns. Die Temperatur ist auf
15,7°C abgesunken. Die Korona leuchtet herrlich, die Sterne
blitzen,
totale Dunkelheit in unserer Umgebung und weit entfernt um uns herum
dieses faszinierende Dämmerlicht am Horizont. Genuss pur! Aber
Florian wird trotz sehr guter Vorbereitung mit der Situation nicht
fertig. Er ist plötzlich völlig verwirrt und sagt, er
möchte nun sofort zum Strand und dort Boccia spielen. Er
verschwindet aber im Vogelpark hinter uns. Wir lassen ihn gehen.
13:58:00 Uhr: Es wird langsam wieder hell im Südwesten. Die
Temperatur sinkt weiter auf unter 15°C. Florian taucht wieder auf.
13:58:24 Uhr: Man sieht die Helligkeit deutlich auf uns zu kommen. In
diesem Moment danke ich dem Hotelmanagement, denn sie haben wirklich
alle Lampen in der Hotelanlage ausgelassen! Hinter uns in den Bergen
ist es tiefschwarz. Die Korona leuchtet immer noch herrlich.
Schön, dass das Wetter wirklich mitgespielt hat!
13:58:48:0: Uhr: Es wird schlagartig wieder heller.
13:58:49 Uhr: In diesem Moment ist wieder eine schöne Perlenschnur
zu erkennen.
Bild: Kuffner
Sternwarte Wien
13:58:53 Uhr: Nun ist
wieder der
Diamantringeffekt zu sehen. Das "Wiederaufhellen", wie Ralf es
später nennt, ist für einige der schönste Moment.
Bild: Kuffner
Sternwarte Wien
13:58:56 Uhr: Ich erkenne ein kleines Stück Sonnensichel. Mir
kommt ein "Danke, Mond! Danke Sonne! Danke Natur!"
über die Lippen und mir stehen Tränen in den Augen.
13:59:00 Uhr: Plötzlich bricht Jubel und Applaus auf unserer
Beobachtungswiese aus.
13:59:10 Uhr: Beim Applaus schaue ich mich in Richtung des wegrasenden
Mondschattens um. Ein faszinierendes Bild. Die Berge sind noch dunkel,
ich beobachte sie aber so lange, bis der Schatten über sie hinweg
ist und auch sie wieder hell werden.
14:00 Uhr: Obwohl der Mond schon wieder über 1% der Sonne
freigegeben hat, erreicht die Temperatur erst jetzt ihr Minimum:
14,7°C. Somit haben wir einen Temperaturunterschied von 8,1°C
gemessen (22,8°C bei Beginn der Finsternis).
14:01 Uhr: Das
uns vor der Totalität so dunkel erscheinende Grau
wirkt nun nach der Totalität gar nicht mehr so dunkel. Die Tiere
sind immer noch still! Alle herumstehenden Menschen sind fasziniert und
faseln etwas von "Wahnsinn!", "Irre" oder "Einfach fantastisch!"
Bild: Kuffner Sternwarte Wien
14:04 Uhr: Der Hahn kräht wieder und die erste Taube fliegt aus
dem Taubenschlag!
14:07 Uhr: Die Temperatur liegt immer noch bei 14,7°C. Ab jetzt (ca
90% sind noch verdeckt), steigt sie aber wieder an. Wahnsinn, welche
Kraft die Sonne hat!
Bild: Kuffner Sternwarte Wien
14:15 Uhr: Die Luft ist raus! Cornelia geht mit den Jungs schon wieder
zum Gözleme essen, ich gehe runter zu den Profis der Sternwarte
Wien. Die fotografieren zwar noch fleißig, aber unterhalten sich
minutenlang, ohne einen Blick nach oben zu werfen. Die Zeit bis zum
vierten Kontakt scheint auch für die Profis nur ein
unspektakuläres Nachspiel zu sein.
14:36 Uhr: Nun bei 50% Restbedeckung ist die Zeit der schnellsten
Temperaturanstiege. 0,25°C pro Minute zwischen 14:38 (18,2°C)
Uhr
und 14:42 Uhr (19,2°C) lassen es merklich wärmer werden.
Bild: Kuffner Sternwarte Wien
14:48 Uhr: Nun verlässt der Kernschatten unseren kleinen Planeten
in der Nord-Mongolei, wo in diesem Moment die total verdunkelte Sonne
untergeht. Bei uns ist die 20°C-Grad-Marke wieder
erreicht und die Bedeckung der Sonne bei uns liegt nur noch bei ca.
32%.
Bild: Kuffner Sternwarte Wien
Ich gehe auch hoch zum Gözleme essen und ziehe mir bald danach
noch Pullover, lange Hose und Schuhe aus. Bei Kaffee und Alster warten
wir auf das Ende der Finsternis.
15:13:35.9 Uhr: Der Mond hat die Sonne wieder vollständig frei
gegeben!
Ein Wahnsinns-Schauspiel geht zu Ende. Vielen ist mal wieder klar
geworden, was für ein kleiner Teil in diesem Riesen-Universum wir
eigentlich sind, und dass die Natur die stärkste Kraft ist!
Abends löst Florian seinen ersten Wunsch ein. Wir müssen
Bingo spielen. Passend zum schönen Tag gewinnen wir sogar den
zweiten Durchgang. Bis Mitternacht genieße ich in der Hotel-Lobby
die Gespräche mit anderen Sonnefinsternis-Begeisterten. Dann falle
ich zufrieden ins Bett.
Die Nacht wird allerdings ziemlich unruhig, da Florian und Valentin
beide Alpträume haben. Ob es nun nur an der Sonnenfinsternis lag,
können wir nicht beurteilen, aber es ist nicht unwahrscheinlich.
Ich freue mich auf Mittwoch, den 12.08.2026, wenn der Mondschatten mal
wieder
in der Nähe (Nordspanien) auf den Erdboden fällt.